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25.7.07    16:03     2 Kommentar(e)

Mischreiz. Michreiz. Michreis. Milchreis.

Auf meinem morgendlichen Weg man absolviert ihn ob seiner Allmorgendlichkeit und der eigenen morgendliche Naturtrübheit meist nur halbwachen Geistes besaß heute einer jener leicht wirren und trotzdem freundlich nachhallenden Momente die Güte zu passieren.

Während dieser Moment noch knisterte, wurde mir folgender Umstand bewusst: Es ist oft ein gewisser Grad der Überforderung, die den Menschen kurzerhand aus seinem Tun und aus sich selbst herausnimmt, und ihn folglich sich und sein Tun beobachten lässt – nun gut, im besten Falle das ist. Ihn zum Anlass nehmen wir sollten.
Die Überforderung passiert gerne durch Reizüberflutung, die erstens ein Umstand ist, der heutzutage ziemlich häufig auftritt, aber m. E. noch viel häufiger genannt wird. Ich kann das Wort nicht mehr hören/lesen. Und wieso eigentlich „Überflutung“? Reicht denn eine Flut nicht aus? Der entschleunigte Wortist in mir besteht auf „Reizflutung“. Ich bin also reizgeflutet von dem Wort Reizüberflutung. Und lehne es darum strikt ab. Stattdessen fällt mir auf, dass gewisse Konstellationen von Reizen auf besondere Weise wirken. Ein Mischreiz also. Ich möchte ein Beispiel nennen, deshalb zurück zum heutigen Morgen: Ich fahre mit dem Rad über eine Kreuzung, queren wollend warten eine Radfahrerin und ein Radfahrer rechts von mir an der Fußgängerampel. Meine Straßenampel zeigt gelb, ich schaffe grad so, noch kein Rot zu sehen, was mich kurz erfreut. Einen Schub erhält die Freude von dem richtig schicken roten Rennrad des Wartenden (Specialized, Stahl, seltener Anblick. Er steht dort, ohne den Fuß abzusetzen.) und noch einen weiteren durch seine reizende Begleitung: Mit stark amerikanisch enervierender Stimme sagt sie gerade «Look, you can’t just…» – oder zumindest vermeine ich das zu hören, während ich vorbeisause. Beide sehen mich währenddessen an, doch nehmen mich nicht wahr..

Diese (wieder einmal augenscheinlich banale, aber doch vom Schicksal direkt für mich zum Reintappen ausgebreitete) Abfolge von Winzigkeiten zauberte zirka anderthalb Meter später ein Lächeln in mein Gesicht, das, da bin ich mir sicher, durchaus geeignet gewesen wäre, ein Herz zu gewinnen...

Jedenfalls verhübschte es mir ausgiebig den Morgen. Ich bin jetzt noch total danke.


19.7.07    10:16     0 Kommentar(e)

Aufgrund eines Traumes

Dreiuhrvierunddreißig, ein Mensch wacht plötzlich auf. Mit einem Schlag ist er dort in der blauen Hitze der Nacht und das Vorher ist nicht mehr. Dieses Vorher war sehr groß, war unfassbar schön, tat unheimlich weh. Ein Hall schallert in seinem Hirn, ein dringliches Echo, ein nicht zu greifender Ruf aus einer anderen Welt. Subside.
Er ist zu müde, zu verstört, um sich über die Verschwommenheit dieser Empfindung zu ärgern und macht, was man in diesem Moment tun muss: Er tappt in die Küche, stößt sich dabei den kleinen Zeh am Türrahmen, trinkt ein großes Glas Wasser-aus-dem-Kühlschrank, lässt sich von dessen Licht stören und geht endlich zurück, dorthin, wo er jetzt hingehört.

Zwei Tage später. Der Mensch sitzt in der Abendsonne im Sessel, raucht, denkt. Im Hintergrund hebt Brad Mehldau zu einem neuen Stück an. Zwischen diesen vielfarbigen Strömen triumphiert ein Thema und kristallisiert sich heraus. Der Mensch erstarrt. Zum eisklaren Gesang des Klavieres formulieren sich Ton für Ton die passenden Worte in seinem Kopf: «Please – could – you – stop – the – noise – I’m – tryin’ – to – get – some – rest.» Und da hat ihn die Stimmung jener Nacht wieder. Die Unwiederbringlichkeit des Echos verfliegt, es wird reflektiert – doch die Stimme Thom Yorks ist gar nicht dessen Stimme. Sie ist viel klarer und feiner, zerbrechlicher aber doch stärker, more insisting. Ein paar ernste, große, tiefe Augen sehen ihn an. «What’s that? What’s that?»

Jetzt ist sie erkennbar. Er schüttelt den Tagtraum aus dem Kopf, greift zum Telephon. Diese Sängerin, die er vor zwei oder drei Jahren traf, deren Wirklichkeit ihn lange Zeit nicht loslassen wollte. Sie wollte ihm damals ein paar ihrer Lieder schicken, was sie scheinbar vergaß. Nach einem Telephonat schreibt er eine E-Mail an jemanden, der sie noch kennen sollte. «From a great height. From a great height. Height.»

Schon am nächsten Abend hat er Antwort. Erklärt knapp die Geschichte, fragt nach dieser ihrer Radiohead-Version. Sie schreibt zurück, sie habe das leider nie aufgenommen, schickt jedoch ein anderes mit. Seitdem läuft «Stream» in Schleife.
Sie lädt ihn ein, ihre myspace-Seite zu besuchen – er ist so frech und gibt die Einladung jetzt weiter.

Alin Coen auf Myspace.com


17.7.07    23:15     7 Kommentar(e)

Göttinnen (16) - Penélope Cruz




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16.7.07    19:25     0 Kommentar(e)

Tears In Rain

I've seen things you people wouldn't believe.
Attack ships on fire off the shoulder of Orion.
I watched C-beams glitter in the darkness at Tannhäuser Gate.
All those moments will be lost in time like tears in rain.
Time to die.



(Rutger Hauer als Roy Batty in Blade Runner)

Für mich die bewegendste Szene der Filmgeschichte...
Hier kann man sich Roys letzte Worte auch online anhören.


3.7.07    14:36     0 Kommentar(e)

Ent:Schuldigung?

Hiermit wird die erste offizielle Entschuldigung dieses Blogs vonnöten. Ich bitte nun also um Entschuldigung:

Die hochgeschätzte Leserin Anne S. aus D. an der R. hat sich beklagt, ihr Hirn sei nun (nach dem Lesen meiner Einträge) verquollen und ihre bevorstehende Soziologie-Klausur deshalb nicht mehr ohne den massiven Einsatz Ginkgos absolvabel.
Beste Änne, verzeyh mir mein Geschwurbel!

PS: Bis Du heiratst, is alls wieder gut.

09:27     2 Kommentar(e)

Oha.

Tatsache, eine Amsel! Nicht nur hat meine Kollegin dies als «Is doch klar!» bestätigt und abgetan, nein: Heut sah ich sie!

Fünfzehn Meter neben meinem westlichen Blickfeldrand sitzt sie auf einem alten Antennenmästchen und jubiliert in die Welt hinaus. Festgehalten:


Into the light of the dark black night...

Im Moment ist sie wieder unterwegs, die Frau Amsel. Schätze, sie kauft grad Middach für ihre Kinder, die zänkischen Amselwelpen. Und dann kommt sie schwerbeladen nach Hause zum Nest und da sitzt dann reuemütig der Amsler.

Er kam mit leeren Händen,
zu dem Nest da oben in der Tanne.
Und die Kinder reißen ihre Schnäbel auf
und Frau Amsel kommt im Dauerlauf.

Doch als sie ihn dann erblickt,
ohne Futter in der Einkaufstüte,
da hat sie ihn voller Wut
in seinen Hintern gepickt.

Sei nicht traurig kleiner Amselmann,
dass das eben doch nicht alles so sein kann.
Daran hat sie sich gewöhnt
...

Und nachdem die Ämslin ihre Kinder eingelullt hat, setzt sie sich wieder zu mir hin auf die Antenne, die keine mehr ist und singt mir was vor. Das wird schön.

[Diese Ansprache verwendete frei Auszüge aus einer bekannten nordbolivianischen Volksweise. Wer die voreiligen Veränderungen am wertvollen Kulturgut erkennt, darf sie entweder im blauen Lichte vertanzen oder aber mit grüner Tinte auf eine Serviette (Achtung, Westfalen: "Servi-jette" und nicht "Servierte", ja?) malen und sich an den Kragen stecken. Beweisträchtige Bilder sind willkommen.]

Wiedersehen.

2.7.07    09:45     4 Kommentar(e)

Morgenwonne anderer Art

Es gibt eine Art Zauber – in uns. Er manifestiert sich in vielerlei Art in der Welt, in der wir sind – und doch kommt dieser Zauber aus unserem Innersten, denn wir müssen ihn erkennen, um ihn zu dem zu machen, was er ist.
Ein solcher Zauber begleitet mich alltäglich seit diesem Frühjahr. Vor meinem meistens offenen Bürofenster singt ein Vogel sein immer neues und erstaunlich variationsreiches Lied. Ich wüsste gerne, was das für ein Vogel ist, und früge hierfür gerne Großmutters Freundin Inge aus Darmstadt, deren Zeigefinger-große Augen-„Horch!“ mir immer vor dem geistigen Auge sein wird. Sie könnte mir sicher sofort sagen, ob das hier ihre Mönchsgrasmücke ist oder eine sehr kreative Amsel, eine Johann-Sebastian-Bach-Stadt-Amsel.
Apropos Amsel. Das Ganze wäre zwar immer noch schön, aber nicht wirklich weiter erwähnenswert, baute sich nicht ein gewisser Mythos darum auf. Denn erstens denke ich dabei unweigerlich und täglich an „die Amsel“, also eigentlich die zwei Amseln, die jeden Morgen gleichzeitig vor unserem Küchenfenster und dem der Zelle, in der mein Stiefvater ein halbes Jahr verbrachte, als ich sechs war, sangen. Eine kleine Banalität in der Natur also, wie sie millionenfach jeden Morgen geschieht und doch den Menschen Verbundenheit, Halt und Trost zu bieten in der Lage ist.
Zum anderen sehe ich von diesem Fenster aus nicht, wo sich dieser Vogel befindet. Ich blicke auf die drei oberen Geschosse zweier Häuser und den Himmel darüber. Der Vogel jedoch klingt, als säße er zwei Meter vor mir. Ob er mir etwas sagen will? Ob er verschwände, wenn ich ihn sähe? Ist er denn wirklich da?
Er hörte kurz auf zu singen, als ich die ersten Worte dieses Text schrieb. Ich bekam schon Angst, dass der Zauber verflog, weil ich anfing, über ihn zu schreiben, ihn offen nannte. So schnell zerbricht das Glück!
Doch soeben hob er wieder fröhlich an und spendet etwas Licht unter dem trüben Himmel dieses verregneten Montagmorgens.

Um das Bild der Küche und der Zelle zu Ende zu übertragen: Wer hört ihn noch?

Einen schönen Tag denn,

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